Polen, so nah und doch so fremd. Zwischen Polen und Deutschland, manchmal auch in der DDR.

Ein polnischer Pilot kann sogar ein Scheunentor fliegen

Viele der berühmten Piloten waren Polen. Zum Beispiel der Stanisław Skarżyński, der als erster den Südatlantik mit einer kleinen, einmotorigen Maschine (RWD-5bis) durchquert hat (dabei flog er im Abendanzug, um Gewicht der Ersatzkleidung zu sparen :lol:), bis heute schaffte keiner in einem kleineren Flugzeug diese Strecke. Oder der Franciszek Żwirko, der Challenge 1932 in Berlin mit RWD-6 gewann. Legendär sind die Verdienste polnischer Piloten in der Luftschlacht um England. So entstand der Spruch, dass ein polnischer Pilot so gut sei, dass er sogar ein Scheunentor fliegen kann. Später wurde es auch bestätigt, als die Polen die meisten (13 pro 20) Weltmeisterschaften im Präzisionsfliegen mit Abstand gewannen.

RWD-5bis, ZTS Plastyk, Skala: 1:72

RWD-5bis aus Skarżyński's Südatlantikflug (Modell)

Was hat es aber mit dem vorherigen Mikado-Stab zu tun? Fliegen (wie viele andere Tätigkeiten auch) ist heutzutage weniger die Sache des Könnens, mehr aber der Einhaltung der Vorschriften und Prozeduren. Und damit haben viele Polen Probleme. Und wir sind wieder beim können/dürfen.

Jeder Leser, der sich für das Geschehen in der Welt interessiert, kann sich sicher an diese Bilder erinnern. 10.04.2010, die polnische Regierungsmaschine liegt in Trümmern im Wald beim Smolensk. Schwer zu glauben, es war aber auch die Folge des können/dürfen Missverständnisses. Aber in der Reihe nach.

Katastrophe polnischer Regierungsmaschine in Smolensk

Katastrophe polnischer Regierungsmaschine in Smolensk Quelle: {a href="http://www.prsteam.net/"]PRSteam.net{/a] via Wikipedia

Es ist eine so blamierende Geschichte, dass es für mich peinlich ist, sie den ausländischen Lesern zu erzählen. Wieder berühren sich an diesem Punkt viele Mikado-Stäbe, ich versuche aber die Anderen möglichst wenig anzufassen, zu diesen komme ich später.

Es ging so: Der damalige Präsident Lech Kaczyński (Stab momentan in Ruhe lassen), wollte nach Katyń fliegen. In Katyń wurden 1941 tausende polnische Offiziere von Sowjeten ermordet, für die polnischen Patrioten, insbesondere die rechtsorientierten, ist es ein fast heiliger Ort (Stab vorläufig nicht berühren). Der nächste Flugplatz liegt beim Smolensk, ist aber seit mehreren Jahren stillgelegt. Übrigens: Es war ein Militärflughafen.

Ein paar Tage davor gab es ein offizielles Treffen von dem polnischen Ministerpräsidenten Tusk (Finger weg von dem Stab) und seinen russischen Pendant Putin in Katyń. Dafür wurde der Flugplatz entsprechend ausgestattet , auch mit ILS und jedem Schnickschnack, für den einen Tag wieder geöffnet, aber danach wurde alles demontiert.

2010 war ein Wahljahr, so wollten die Gebrüder Kaczyńscy (ich muss der Versuchung widerstehen, diesen Stab gleich mitzunehmen)  bei seinen Wähler mit diesem Besuch punkten. Weil sie dem Rechtskonservativen und patriotischen Lager angehören (und alle seine Mitstreiter und Beamten auch), ging alles in bester Tradition der polnischer Wirtschaft vor sich:

  • Der Besuch sollte so hochkarätig wie möglich besetzt werden. So saßen im Flugzeug mehrere Generäle, Parlamentarier (auch aus anderen Parteien), der letzte Exil-Präsident Kaczorowski und viele Angehörigen der Ermordeten. Ja, alle in einem Flugzeug.
  • Die Regierungsmaschine wird in Polen (wie in meisten anderen Länder auch) von Armeepiloten geflogen. Der Präsident ist gleichzeitig der oberste Befehlshaber, mit dabei war auch der General Błasik, der Befehlshaber der polnischen Luftstreitkräfte, direkt verantwortlich auch für die Einheit, die die Piloten bereitstellte. Er war auch ein Vertrauter der Kaczyński-Brüder und saß zusammen mit ihm gleich hinter dem Cockpit (diesen Stab nehme ich bald, noch in diesem Beitrag, mit).
  • Die Russen öffneten den Flugplatz für Paar Flüge an diesem Tag, die polnische Seite verzichtete auf einen russischen Lotsen an Bord. Wozu ein Russe an Bord? ILS am Flughafen wurde natürlich nicht installiert - so etwas wird nur für Putin gemacht. Macht nichts, ein polnischer Pilot kann sogar ein Scheunentor fliegen und braucht kein ILS.
  • Das Militär plante den Flug, Start wurde entsprechend früh festgelegt (6 Uhr) um eventuell in einem Ausweichflughafen landen zu können. Die Kanzlei des Präsidenten verschob den Start um eine Stunde nach hinten. Dann kam der Präsident noch eine halbe Stunde später - um 7 Uhr zu starten wäre doch unmenschlich. Macht nichts, alles wird doch gut gehen, oder?
  • Die Kanzlei bereitete keinen Plan B vor - alles wird gut gehen, oder?
  • Von der Crew hatte nur ein Mitglied alle notwendigen und aktuellen Zertifizierungen für den Flugzeugtyp und es war keiner der Piloten. Alle hatten zu wenige Schulungen gehabt, einiges davon war gefälscht. Übungen mit einem Flugsimulator gab es nicht, weil der im Russland steht. Und die Russen sind doch die Erzfeinde jeden polnischen Patrioten, bei denen zu üben wäre Schande und Verrat. Aber macht nichts, ein polnischer Pilot kann sogar ein Scheunentor fliegen.
  • Die Piloten bekamen keine Wettervorhersage für den Zielort vor dem Abflug. Wozu auch? Alles wird gut gehen, oder?
  • Dafür gibt es keine Beweise, nur starke Indizien, aber: Vor dem Flug meldete der General Błasik die Bereitschaft der Maschine dem Präsidenten, nicht der Flugkapitän (Arkadiusz Protasiuk), wie es üblich ist. Die beiden stritten wahrscheinlich vorher darüber. Aber der General wollte noch mehr bei dem Präsidenten punkten und hat sich durchgesetzt. Was ist Vorschrift gegenüber eigener Karriere?
  • Während des Fluges war die Tür zwischen Cockpit und Präsidentensalon ständig geöffnet. Die Piloten hatten also die zwei obersten Glieder der Befehlskette ständig am Kragen. Etwas Kontrolle hat noch keinem geschadet, oder? Und wenn jemand so gut ist, dass er sogar ein Scheunentor fliegen kann, braucht keine Angst zu haben, nicht wahr?
  • Nur der Kapitän konnte etwas Russisch und konnte sich mit russischer Flugführung verständigen (was normalerweise nicht zu seinen Aufgaben gehört). Russische Militärprozeduren kannte er nicht. Wozu aber - ein polnischer Pilot...
  • Während sie flogen, stieg im Smoleńsk dichter Nebel auf. Eine polnische Maschine mit Journalisten, die früher gestartet war, schaffte aber eine Landung. Gegen alle Vorschriften und Verbote aus dem Tower. Ein polnischer Pilot... Danach wollte noch ein russischer Transportflugzeug dort landen (auch gegen Vorschriften), gab es aber nach zwei Versuchen auf. Die Russen können eben nicht fliegen.
  • Inzwischen wurde der Präsident benachrichtigt, die Landung sei unmöglich. Er sollte entscheiden, was weiter gemacht wird. Es liegt eigentlich in der Verantwortung des Kapitäns, aber Vorschriften werden nicht für Große Staatsmänner geschrieben. Der Präsident rief also seinen Bruder an (wieder ein Stab, nicht jetzt!) Es gibt keine Aufnahme dieses Gesprächs (es sei denn, die Amerikaner haben mitgehört und mitgeschnitten), wahrscheinlich aber hat der Bruder die Landung in Smoleńsk gefordert. Der Präsident sagte nichts und der Kapitän hatte Angst (berechtigterweise, dazu später mehr) nicht zu landen. Na ja, eben ein polnischer Pilot...
  • Der Pilot dürfte nach seinem Zertifikat bei dieser Sicht nicht tiefer als 120m fliegen, von Tower bekam er Erlaubnis bis 100 m. Und was machte er? Nach falscher Prozedur ein Landeanflug anfangen. Ein polnischer Pilot, kann eben sogar ein Scheunentor fliegen.

Ist es jetzt klar, was es mit können/dürfen Unterschied zu tun hatte? Alle konnten etwas, keiner dachte, ob er es darf. Alle Vorschriften und Regeln waren nichts, man konnte alles. Und die Folge: 96 Tote.

Bierki-005

Und es war kein Einzelfall - das ganze hatte ein Vorspiel (eigentlich mindestens zwei). Die wichtige Frage ist, warum der Pilot nicht einfach wo anders landen wollte.

Und es war wieder eine können/dürfen Geschichte. Der Kapitän Protasiuk aus dem Flug nach Smoleńsk flog etwas mehr als ein Jahr zuvor (2008) mit dem Präsidenten als zweiter Pilot nach Georgien. Während des Fluges wollte der Kaczyński wo anders als geplant landen und der Kapitän weigerte sich die Flugroute zu ändern. Es wäre doch gegen Sicherheitsvorschriften, es war doch Kriegszone. Kaczyński wollte sich als Oberbefehlshaber der Streitkräfte durchsetzen, der Kapitän blieb aber unbeeindruckt.

Solches Verhalten lassen die Kaczyński Brüder nicht zu. Für sie gibt es kein darf man nicht. Der Flugkapitän wurde öffentlich als Feigling bezeichnet und hatte viele Probleme im Dienst. Ein Abgeordneter aus dem Kaczyńskis Lager verlangte offiziell nach seinem Entlassen. Protasiuk sah das alles genau und er hatte eine Frau und zwei Kinder zu versorgen. Brauche ich es weiter zu erklären?

Gehen wir noch weiter zurück: Januar 2008. 16 Kommandanten der polnischen Luftstreitkräfte und 4 Besatzungsmitglieder fliegen mit einer Militärmaschine der Marke CASA nach Hause. Alle nahmen an einer Konferenz teil, das Thema war - ironischerweise - Flugsicherheit bei der Luftstreitkräften. Beim Anflug an Militärflughafen in Mirosławiec, bei schlechten Sichtverhältnissen crashte die Maschine. Alle tot. Der gesamte Ablauf und die Ursachen der Katastrophe waren der Smolensk-Ereignisse ziemlich ähnlich. Schlechte Ausbildung der Piloten, Nichteinhalten der Vorschriften und Prozeduren usw.

Jetzt das bizarrste und traurigste: Oberbefehlshaber der Luftstreitkräfte war damals der General Błasik, nominiert von Präsident Lech Kaczyński und sein Vertrauter. Er müsste eigentlich die politische Verantwortung wahrnehmen und gehen, der Präsident stand aber fest hinter ihm. So blieb er auf seinem Posten. Er versprach die Zustände bei den Luftstreitkräften zu verbessern, alles blieb aber beim Alten. Und der Błasik würde danach natürlich alles für Kaczyńskis tun, egal ob man es darf, oder nicht. Manche Leute lernen nie etwas.

Im Smolensk-Unfall fand auch der Abgeordnete aus Kaczyńskis Lager tot, der offiziell im Parlament verlangte, den Georgien-Piloten wegen Feigheit zu entlassen. Manches darf man einfach nicht, manche begreifen es nie. Oder zu spät.

Aber warum ist es so? Oh! Das ist ein meiner Lieblingsstäbe! Den ziehe ich in nächster Folge heraus!

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Kategorie:Polnisches Mikado

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Ein Pole darf nicht – er kann

So ein umfangreiches Thema wie Polen anzugehen, erinnert mich an ein Geschicklichkeitspiel, das in Deutschland Mikado heißt. Es geht darum, aus einem Haufen von Stäben jede nacheinander herauszunehmen, ohne dabei die anderen zu berühren oder zu bewegen. In einem komplexen Thema sind alle Aspekte miteinander eng verknüpft, die einzelnen Teile muss man - wie beim Mikado - geschickt heraustrennen.

Die in Polen populäre Variante von Mikado heißt bierki (der Name kommt von brać - nehmen), die Stäbe sind aus Plastik und haben verschiedene Formen, die aus der Seefahrt entstammen - Speer, Paddel, Harpune, Bootshacken und Dreizack. Die einzelnen Formen werden verschieden gepunktet, die Spielidee ist aber genau die gleiche wie bei Mikado.

Die Idee, Polen über die Sprache zu erklären, war ganz gut. Ich habe langsam einen Plan, wie ich die Beiträge weiter schreiben soll. Ich werde die Mikado-Metapher verfolgen - die einzelnen Themen herauspicken, aber möglichst ein auf einmal. Heute der erste Stab: zwei Modalverben - können und dürfen. Ich hatte schon einen Beitrag über die deutschen Wörter können und dürfen für Polen, jetzt das Gleiche aber umgekehrt - über polnischem Verständnis von diesen zwei Verben für Deutsche.

Die Formen, die auf dem Titelbild meines Blogs und auf einigen anderen Bilder zu sehen sind, sind eben Bierki-Stäbe. Was vielleicht manche Leser gerade bemerkt haben: Ich habe mehrere Beiträge geschrieben bevor ich mit dem Blog offiziell gestartet habe. Deswegen heißt mein Blog schon vom Anfang an  "Polnisches Mikado" (ursprünglich wollte ich ihn "Polen, so nah und doch so fern..." nennen, was schließlich in den Untertitel gewandert ist) und hat auch Fotos mit bierki-Stäben, natürlich in Weiß und Rot - den polnischen Nationalfarben. Vielen Dank an agatanal, die mir die bierki geschickt hat, weil aber keine in Rot und Weiß zu finden waren, müsste ich die selber lackieren.

Na dann fange ich an: Für die Deutschen ist der Unterschied zwischen können und dürfen offensichtlich, ich brauche es gar nicht zu erklären. In Polen ist es aber anders. In Polen fragt keiner auf die Weise, die man wörtlich ins Deutsche als "Darf ich?" übersetzen würde. Diese Frage lautet immer "Kann ich?". Den Unterschied muss man einem Pole lange erklären und dieses Konzept ist für ihn schwer verständlich. Es gibt Sprichwörter wie "Wenn man will, kann (ein Deutsche würde hier darf sagen) man alles, nur langsam und vorsichtig". Für einen Polen, wenn er etwas kann, dann darf er es auch. Eventuell muss er dabei aufpassen, damit er dabei nicht erwischt wird.

Es gibt auch prominente Beispiele dieser Denkweise. Vielleicht dieser: Es gibt in Polen einen konservativen Politiker aus Krakau, der sogar mal ernsthaft als ein Kandidat für Ministerpräsidentenposten betrachtet wurde. Er ist etwas exzentrisch, trägt immer einen Hut, sein zweiter Vorname ist Maria (natürlich nach der Gottes Mutter). Seine Frau ist eine ebenso exzentrische Russland-Deutsche. Jan Maria Rokita heißt er (lustigerweise heißt in vielen polnischen Märchen ein der Teufeln eben Rokita). Quintessenz des polnischen Konservatismus. Vor Paar Jahren, als er schon nicht mehr in der Politik präsent war, flog er mit einem Lufthansa-Flieger aus München nach Krakau in Economy Class. Oder besser gesagt: Er wollte fliegen. Vor dem Start wollte er sein Mantel in einem Schrank im Business Class hängen lassen und sein Hut dort ablegen. Die Flugbegleiterin weigerte sich es ihm zu erlauben und er konnte es überhaupt nicht begreifen! Für ihn war es total unverständlich dass es ein Ding gibt, das er machen kann, aber nicht darf. Er stellte sich stur ("Wissen Sie wer ich bin?" - er war aber niemand mehr), und rief in Richtung der im Flugzeug sitzenden Polen: "Hilfe! Deutsche schlagen mich! Sie sind doch Polen, bitte helfen Sie mir!". Die gerufene Polizei holte ihn aus dem Flieger in Handschellen heraus, und er sollte ein sattes Bußgeld bezahlen. Er tat es nicht und bis heute steht in Deutschland ein Haftbefehl gegen ihn. Immer noch glaubt er, er würde wegen seiner Nationalität misshandelt. Es ist umso seltsamer, dass er Jura studierte, er müsste eigentlich etwas von Recht, Gesetz und Vorschrift verstehen!

(Wenn jemand etwas mehr darüber wissen möchte, HIER ein Link zum Artikel in deutscher Wikipedia. Der misst aber den wirklichen Streitpunkt.)

Das Positive daran: Immer mehr Polen verstehen den können/dürfen Unterschied. Der Politiker wurde in Polen allgemein ausgelacht und seine Schreie im Flugzeug (die jemand aufnahm) waren eine Weile lang ein beliebtes Handy-Klingelton. Keiner der Mitfliegenden hatte Verständnis für ihn.

Diese Geschichte war ziemlich lustig (etwas weniger wenn man bedenkt, dass so ein Mensch Ministerpräsident werden könnte), ich will aber keine Konkurrenz der Boulevard-Presse machen. Bei mir wollen wir den Sachen tiefer auf den Grund gehen. Also die Frage: Wie kommt das?

Hier kommen wir zu einem Punkt, in dem unser Stab viele andere Stäbe berührt. Der nächste Stab, den ich herauspicke, ist mit diesem so eng verbunden, wie die zwei Teile eines Dreschflegels: Der können/dürfen Unverständnis kann zu Katastrophe und Tod führen. Unbedingt die nächste Folge lesen!

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Kategorie:Polnisches Mikado

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Polnische Sprache – schwere Sprache

Deutsche Sprache - schwere Sprache, sagt man oft. Leute, das glaubt ihr!

Irgendwann, bei der Suche im Internet bin ich auf eine Diskussion in einem englischsprachigen Forum der Dolmetscher  gestoßen, zum Thema "Welche ist die schwierigste Sprache der Welt". Es ging nicht um die Schrift - so waren Chinesisch und Japanisch keine Renner, sondern um Vielfalt der grammatischen Strukturen, Rechtschreibung und ähnliches. Die Diskutanten kamen schnell zum Schluss, dass es - für mich überraschend - die polnische Sprache ist. Dann kam einer mit der Aussage, dass die serbische Sprache noch etwas dazu hat, aber nicht viel mehr.

Ich habe nachgedacht, nachgeforscht, und etwas ist wirklich dran. Hier einige Merkwürdigkeiten dazu. Ich möchte daran erinnern, dass ich ein Ingenieur und kein Sprachwissenschaftler bin, bitte den Text nicht als Quelle für die Diplomarbeit in Slawistik verwenden 😉

  • Schriftzeichen - Die Deutschen haben vier "nicht standardmäßigen" Buchstaben, die Polen haben neun davon (ą, ć, ę, ł, ń, ó, ś, ż und ź). Und keine Möglichkeit die zu ersetzten, falls nicht vorhanden (ich meine die deutsche "ä" -> "ae" Translation). Und wenn man diese Buchstaben nicht auf seiner Tastatur hat, können lustige Missverständnisse entstehen. Zum Beispiel statt "tue mir ein Gefallen" (zrób mi łaskę) steht plötzlich da "blase mir einen" (zrob mi laske).
  • Substantiv - Fälle: Die vier deutschen Fälle findet man in Polnisch wieder. Dazu noch gibt es drei zusätzlichen: einen der in Deutsch mit Hilfe der Präposition "mit" ausgedrückt wird, einen für das deutsche "über", und einen der verwendet wird, wenn man jemanden rufen will. Das macht insgesamt sieben.
  • Artikel: In polnischem gibt es keine Artikeln. Genus, Anzahl und Fall werden durch die Endung bestimmt. Es ist eher eine Vereinfachung - in Deutsch muss man Genus auswendig lernen, in Polnisch sieht man es sofort (bis auf eine Ausnahmeklasse - Namen mancher männlicher Berufe, die eine weibliche Endung haben).
  • Substantiv - Zahl: Außer Singular und Plural gab es in polnischer Sprache auch Dual. Es ist zwar eine etwas veraltete Form, die gibt es aber für manche Wörter immer noch und die wird manchmal benutzt.
  • Substantiv - Genus: In Singular haben wir die üblichen drei, im Plural gibt es aber nicht einen, sondern zwei (männlich und nichtmännlich-sachlich, es sagt auch etwas von der Gleichstellung der Frauen, mindestens wie es früher war).
  • Verb: Die polnischen Sprachwissenschaftler behaupten, in Polnisch gibt es nur drei grammatischen Zeiten (Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft). Das ist schlicht und ergreifend eine Lüge. Diese grammatischen Zeiten haben noch so genannte Aspekte, und gleich sind wir bei üblicher Anzahl von etwa 5.
  • Verb - Konjugation: es gibt 11 Konjugationsmuster für polnische Verben. Plus einige Untermuster. Fragt mich nicht nach Einzelheiten.
  • Verb - Genus: Viele Verben haben in der Vergangenheit verschiedene Formen in Verbindung mit Substantiven verschiedenen Genus. So ist es z.B. nicht möglich über Ereignissen in der Vergangenheit zu erzählen, ohne das Geschlecht der handelnden Person preiszugeben.
  • Verb - Ausnahmen: Es gibt einige Verben, die unregelmäßig sind. Klingt harmlos, es ist aber keine Unregelmäßigkeit wie in Deutsch. In Deutsch muss man nur eine überschaubare Tabelle mit drei Spalten und etwas über hundert Zeilen auswendig lernen, wobei wirklich unregelmäßig nur einige davon sind. In Polnisch gibt es nur wenige solche Verben (etwa 14), jeder aber in unzähligen Formen ohne erkennbare Regel. Kaum einer macht keine Fehler beim Gebrauch dieser Verben.
  • In deutschem gibt es eine vorgeschriebene Reihenfolge der Wörter in einem Satz. Verb an zweiter, erster oder letzter Stelle, Substantiv beim Verb, Reihenfolge der Attribute ist vorgeschrieben, usw., es gibt also feste Regel um korrekte und als gut empfundene Sätze zu bilden. In Polnisch gibt es so etwas nicht. Kaum feste Regeln, nur Intuition. Man kann die Reihenfolge stark variieren um verschiedene Effekte zu erzielen. Manche Kombinationen werden als ansprechend, edel oder poetisch empfunden, andere als linkisch, läppisch oder hämisch. Die Grenzen dazwischen sind flüssig und nicht leicht zu erlernen.
  • Was ich an polnischer Sprache schön finde, ist die Möglichkeit die Verniedlichungen und Vergröberungen in vielen Abstufungen zu bilden. In Deutsch gibt es praktisch nur -chen und -lein und das war's eigentlich. Aber diese Vielfalt der polnischen Formen ist schwer für einen Ausländer aus dem nicht slawischen Sprachraum zu beherrschen.
  • Verschiedene Vorsilben können einem Verb vorgeschaltet werden. Das gibt es in Deutsch auch, in Polnisch sind die Möglichkeiten aber ungleich vielfältiger. Ein durchschnittlicher Pole kann mit Hilfe von einem einzigen Verb pierdolić (Deutsch ficken) mit verschiedenen Vorsilben und in verschiedenen abgeleiteten Formen, ein breites Spektrum von Vorgängen, Zuständen, Tatsachen und Gefühle ausdrücken oder beschreiben.
  • Dazu kommt noch die sehr komplizierte Rechtschreibung. Habt ihr Probleme mit deutscher Rechtschreibung? Ein Grund sich zu schämen, bei so einfachen Regeln, ich mache es mit Links und verbundenen Augen. In Polnisch haben wir oft aus zwei Möglichkeiten zu wählen - "rz" und "ż", "ch" und "h", "u" und "ó" klingen jeweils identisch, wie man was schreibt muss man entweder auswendig lernen, oder die Etymologie des jeweiligen Wortes kennen - also sehr viel lesen. Wer über einen visuellen Gedächtnis verfügt ist klar im Vorteil.
  • Die Aussprache ist schwierig, die deutschen Zungenbrecher sind relativ einfach, wenn man die mit den polnischen vergleicht. W Szczebrzeszynie chrząszcz brzmi w trzcinie. (HIER das Gedicht, aus dem dieser Zungenbrecher stammt, zum Hören)
  • Sehr viele polnische Wörter wurden aus anderen Sprachen übernommen - aus Deutsch, Französisch, Italienisch, Latein, Russisch... Ein belesener Pole hat ein Wortschatz in diesen Sprachen schon bevor er diese zu lernen beginnt. Er weiß es aber meistens nicht.
  • Das alles heißt natürlich noch lange nicht, das Polnisch dem Deutsch immer überlegen ist. Was ich schön an Deutsch finde, aber in Polnisch nicht existiert, ist zum Beispiel die indirekte Rede. Oder solche Wörter wie doch oder jain.

Sicher kann man noch viele Einzelheiten aufzählen. Aber schon jetzt sieht man: Die polnische Sprache ist verdammt schwierig. Wenn jemand diese Sprache wirklich gut beherrscht hat, soll keine großen Probleme mit anderen Sprachen bekommen.

Es gab schon Polen, die Weltklassenliteratur in anderen Sprachen verfassten, Paradebeispiel ist der Joseph Conrad. Sein wahrer Name war Józef Korzeniowski, er lernte Englisch erst mit 20. Bis zu seiner Lebensende sprach er Englisch mit einem starken polnischen Akzent, trotzdem wird er als einer der größten englischsprachigen Prosaikern angesehen. Als einer seinen polnischen Bekannten ihn für das Schreiben auf Polnisch gewinnen wollte, sagte Conrad, seine Fähigkeiten seien zu schwach um mit den besten polnischen Schriftstellern aufzunehmen, seien aber gut genug für das Schreiben auf Englisch.

Dagegen sind mir keine Beispiele der fremdsprachigen Schriftsteller bekannt, die erfolgreich etwas auf Polnisch schufen.

Eine andere lustige Geschichte: Mein Schulfreund aus der Oberschule (Klasse 9 bis Abitur) lernte Deutsch erst ab 14. Jetzt arbeitet er im Institut für Deutsche Sprache in Heidelberg und sagt euch - den Nativen - wie ihr Deutsch zu sprechen habt. 😆

Ich höre schon manche Leser rufen: "Moment, ich kenne aber Polen, die grottenschlecht Deutsch sprechen!" Na ja... Zuerst muss man es lernen wollen und die notwendige Arbeit einstecken. Und zweitens: Woher die Schlussfolgerung, dass wenn jemand ein Pole ist, auch gut polnisch spricht? Klar, in jedem Land gibt es einfachen, nicht gut ausgebildeten Menschen, deren Sprachkompetenz in ihrer Muttersprache nicht besonders gut ausgeprägt ist. Nehmen wir als Beispiel Lech Wałęsa, der zwar etwas Großes getan hat (oder, nach den anderen, auch nicht, darüber muss ich auch mal etwas schreiben), aber wenn ich ihn sprechen höre, will ich mich von lauter Schamgefühle sofort unter einem Tisch verkriechen. Aber unter den Akademikern, den echten, nicht honoris causa wie Wałęsa, sollte es einigermaßen gehen.

Leider geht es in Polen nicht immer. Der aktuelle Präsident Polens, Bronisław Komorowski, hat mal bei einem Eintrag in ein Gedenkbuch einen sooo schrecklichen Rechtschreibfehler gemacht... Die rechten Nationalisten wollen es ihm seit Paar Jahren nicht verzeihen, obwohl die Rechtschreibprobleme bei Polen gerade mit rechtsnationalistischem Gedankengut ziemlich stark korrelieren. Der Leader der rechtspopulistischer (na ja, über diese Bezeichnung lässt sich auch Streiten, ich schreibe mal etwas darüber) Partei "Recht und Gerechtigkeit", ehemaliger Ministerpräsident Jarosław Kaczyński, obwohl er ein Doktortitel in Jura hat, spricht sehr undeutlich, unpräzise, und nicht immer grammatisch korrekt (vom meistens blödsinnigen Inhalt abgesehen). Er konnte sich auch bis jetzt keine Fremdsprache aneignen. Und die beiden  besuchten die Schulen und studierten noch in kommunistischen Zeiten, als Ausbildungsniveau viel höher war, als jetzt.

Und der Durchschnitt ist, über alle Klassen und Schichten, katastrophal. Viele Beiträge im Internet zu lesen tut wortwörtlich weh. Die Sprache vieler Politiker macht einen Eindruck, als ob sie nie in seinem Leben ein Buch gelesen hätten. Wortschatz von vielen, angeblich ausgebildeten Menschen beschränkt sich auf einige Schimpfwörter in vielen Varianten (siehe oben über pierdolić) und ein berühmtes polnisches Schimpfwort kurwa in der Funktion eines Kommas oder eines Hilfsverbs.

Schon genug von Polnisch Lernen abgeschreckt? Jetzt mal ernst. Polnisch sprechen "nur" etwa 50 Millionen Menschen in der Welt, in der EU sind es immerhin 9% die polnisch als Muttersprache deklarieren. Polen selber ist sehr einheitlich, fast alle sprechen Standardpolnisch, die verschiedenen Dialekte haben kaum noch Bedeutung (ich muss mal mehr darüber schreiben). Die Sprache ist wirklich schwierig zu erlernen, ich finde aber sie schön und vielfältig. Und es gibt eins, wofür es sich lohnt sie zu lernen - es ist Stanisław Lem im Original zu lesen. Dazu schreibe ich sicher mehr, aber ein anderes Mal.

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Kategorie:Polnisches Mikado

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Wie soll ich anfangen?

Anders als bei meinem ersten Blog in Polnisch, habe ich jetzt viel Erfahrung mit Bloggen, aber keine Idee wie ich die Beiträge hier strukturieren soll. Damals auf Polnisch verfasste ich zuerst ein Paar kleinen, losen Beiträge, um es zu lernen, erst dann kam ich auf die Idee, dass ich meine Erinnerungen aus der DDR zusammenschreiben könnte. Es war von Anfang an als eine abgeschlossene Einheit gedacht, im Prinzip könnte ich es (nach Paar kleinen, stilistischen Änderungen) als Buch herausgeben (ab und zu kommt jemand mit dieser Idee, leider noch keiner wirklich ernst). Nach 47 Folgen war es abgeschlossen, dann fing ich an in einzelnen Beiträgen verschiedene Aspekte des Lebens in der DDR oder DDR-Produkte zu beschreiben. Oder schreiben, wie dieses oder jenes in Deutschland organisiert ist. Als Ingenieur stelle ich auch (hauptsächlich) west- und ostdeutsche Autos vor, aber nicht die aktuellen Modelle, sondern die alten. Dabei geht es weniger um die Technik, mehr aber um historischer und gesellschaftlicher Hintergrund.  Ich reiste Paar mal in der Suche nach DDR-Spuren, davon berichtete ich auch. Themen gibt es bei mir viele. Und meine letzte Idee war, die sehenswürdigen Objekte in Deutschland zu präsentieren. Die nach mir sehenswürdigen, es entspricht nicht unbedingt der Meinung der Reiseführern. Ich versuche immer meine eigenen Fotos zu verwenden und meine eigenen Gedanken zum Thema niederschreiben. Es ist immer originell und wertvoll (Selbstlob ist das sicherste Lob 🙂 ). Wenn jemand daran interessiert ist, kann es sich anschauen (Links unten). Es ist auf Polnisch, Google Translate kann ein bisschen helfen. Aber nicht besonders viel, mein Polnisch ist viel zu gut für die automatische Übersetzung. Ich habe es probiert - die automatische Translation ins Deutsche ist kaum verständlich bis blödsinnig. Aber wenn Interesse bestehen sollte, könnte ich einiges manuell übersetzen und hier veröffentlichen.

EDIT: Ich habe die Sache mit Google Translate untersucht, und der übersetzt in zwei Schritten: zuerst Polnisch -> Englisch, dann Englisch -> Deutsch. Nach dem ersten Schritt ist der Text noch verständlich, nach dem zweiten überhaupt nicht mehr. So mein Ratschlag: Meine Texte mit Google ins Englische übersetzen und versuchen diese Version zu verstehen.

Aber jetzt stehe ich ohne Plan da. Ich kann keine Vorkenntnisse über Polen verlangen, will aber  keine langweiligen Vorlesungen über Geschichte Polens als Einführung schreiben. Vielleicht so: Ich habe die Sprache erwähnt. Vielleicht fange ich mit der polnischen Sprache an. Nicht in Panik geraten - es wird eher ein Feuilleton als eine sprachwissenschaftliche Vorlesung. Also - bis bald.

Und hier die versprochenen Links zu den einzelnen Themen auf meinem polnischen Blog:

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Kategorie:Organisatorisch

Kommentar

Noch ein Blog? Es gibt schon so viele…

Es gibt schon so viele Blogs, wozu noch ein?

Zuerst etwas über mich und meine Beziehungen zu Deutschland. Ich bin ein gebürtiger Pole, geboren in Stettin, schon eine Weile her, noch in den kommunistischen Zeiten. Damals war in Stettin überall die deutsche Vergangenheit sichtbar, man sagte, hier sprechen die Steine auf Deutsch. Auf den Mauern der alten Häuser könnte man die deutschsprachigen Aufschriften lesen, diese wurden ab und zu mit neuen Schichten der Wandfarbe überstrichen, was paradoxerweise die alten, gotischen Schriftzeichen nur konserviert hatte. Diese kamen immer wieder zum Vorschein und waren noch in den Achtzigern, mehr als 40 Jahre nach dem Krieg, deutlich zu sehen.

Stettin liegt gleich an der Grenze zu - damals - DDR. Ab 1971 könnte man ohne weiteres die DDR besuchen, alle kauften dort ab und zu ein. Unter Kommunismus fehlte es an vielen Waren, aber in jedem Land an etwas Anderem. Es war also kein Wunder, das ich Deutsch als zweite (nach Russisch) Fremdsprache lernte. Zuerst privat, nach dem Schulunterricht, dann in der Oberschule (damals in Polen die Klassen 9-12) intensiv. Wir hatten 6 Deutschstunden in der Woche, die Lehrerin war native Speaker, eine Musiklehrerin aus Schwerin, die einen polnischen Chirurgen geheiratet hat.

1980, als die Streiks ausbrachen, machte die DDR die Grenze zu Polen dicht. Die offizielle Begründung war, in Polen herrsche die Maul-und-Klauen-Seuche unter Rindern. Alle direkten Kontakte wurden unterbrochen, dafür installierten die Meisten in der Grenzgebieten große Fernsehantennen auf Balkonen und Dächern, in der Hoffnung Westfernsehen empfangen zu können. In Stettin war es wenig realistisch, ein sehr verrauschtes Bild könnte man nur ganz selten erreichen, man hatte aber mindestens zwei DDR-Fernsehprogramme zusätzlich zu den zwei polnischen. So konnte ich doch Kontakt mit der deutschen Sprache haben.

Dann kam die Abitur und die Zeit der Entscheidungen. Ich wollte Elektronik in Warschau studieren, es war aber gar nicht so einfach. Damals gab es nur wenige Studienplätze, nur für ein Paar Prozent der Jugendlichen. Dazu gab es bei der Bewerbung so genannten "Punkte für die soziale Abstammung" - Kinder der Arbeiter und Bauern hatten es viel einfacher und meine beiden Eltern waren Ingenieure. Ich hatte Angst kein Studienplatz an der begehrten Technischen Universität in Warschau zu bekommen und dann überhaupt leer auszugehen - und das würde bedeuten: Ab in die Armee.

Und einmal, in der Schule, hat ein Abiturient aus Vorjahr für das Studieren in der DDR und überhaupt im Ausland beworben. Er studierte in Ilmenau an damals Technischer Hochschule. Ich war begeistert! Nein, in die Ausland zu gehen war mir zu heftig, ich war ein Weichei, immer in die Ferien mit den Eltern, immer auf Nummer sicher gehen, immer nach den Regeln, nichts Verbotenes, kein Risiko... Weil aber die Prüfungen für das Studium im Ausland vor den Prüfungen für polnische Hochschulen stattfanden, wollte ich die als, so zu sagen, Übung benutzen. Für das Ausland hätte ich sowieso keine Chance, bei 5-7 Bewerbern pro Platz... Ich überzeugte für diese Idee noch drei Freunde aus meiner Klasse, und wir alle bewarben uns.

Und wir alle bestanden die Prüfung und wurden aufgenommen. So studierte ich in der DDR, gerade vor dem Fall, 1984-1989.

TH Ilmenau - Kirchhofbau, NRD, 1988

TH Ilmenau - Kirchhofbau, DDR, 1988

Um es kurz zu halten: Ich arbeitete dann 10 Jahre lang in Polen, immer so zwischen Polen und Deutschland, und dann, 1999, zog ich nach Deutschland. Hier, seit schon 14 Jahren, arbeite ich als Ingenieur.

Als Ingenieur... Ich bin ein geborener Ingenieur und bin der Meinung, dass ein waschechter Ingenieur sich nicht nur mit Schrauben, Beton oder Bytes auskennt. Nach mir, Ingenieur zu sein heißt Zusammenhänge zu verstehen. Egal ob es Technik, Natur, Medizin, Psychologie, Gesellschaft, Philosophie, oder was auch immer betrifft. Ein Ingenieur beobachtet die Welt um sich, versucht sie zu verstehen und eventuell in die richtige Richtung zu lenken. Nicht mit Gewalt, sondern mit seiner Kunst.

So habe ich 2009 angefangen, ein Blog in polnischer Sprache zu führen, und dort meine Erfahrungen mit der DDR und mit Deutschland zu beschreiben. Polen ist seit 1989 in ständigem Wandel, es wird immer nach neuen Lösungen gesucht. Manche Politiker und Publizisten versuchten (und versuchen es immer wieder) seine Ansätze als "von EU gefordert" darzustellen, oder die Wähler zu belügen, dass irgendein von ihren Hirngespinsten gültige Recht in z.B. Deutschland ist. Ich versuche zu erklären, "wie es in Deutschland gemacht wird" und beschreibe für jüngere Leser (oder für die nostalgischen Älteren), wie es in der DDR und in Polen unter Kommunismus vor sich ging. Weil darüber auch viele Mythen und Lügen im Umlauf sind.

Screenshot http://nrdblog.cmosnet.eu

Screenshot http://nrdblog.cmosnet.eu

Ich bin kein unbekannter in polnischem Internet gewesen, war besonders aktiv Ende neunziger und Anfang unseres Jahrhunderts im Usenet (immer unter Spitznamen cmos). So konnte ich bald einen Leserkreis gewinnen, der immer größer wird. Ich fing auf einem kostenlosen Blog-Server der größten polnischen Tageszeitung an, wo auch viele frühere Usenet-Bekannte seine Blogs geführt hatten. Seit Ende 2012 bin ich auf WordPress umgestiegen, den betreibe ich in Alleinregie in meiner eigener Domain (cmosnet.eu). Es hat zu einigen Einbüßen in den Besucherzahlen geführt (unter anderem, weil ich den Google-Rank nicht auf neue Seiten übertragen konnte), ich habe aber im Schnitt 200-300 Besuche am Tag. Meine Beiträge werden in vielen Diskussionen im Netz als Argumente verlinkt.

Ich betreibe den WordPress als Multisite, so konnte ich letztens einen neuen Blog eröffnen, über Hobbies, insbesondere über Modellbau. Es ist mir klar, dass der nicht so populär wird, es sind doch vor allem Egotrips.

Screenshot http://hobbyblog.cmosnet.eu

Screenshot http://hobbyblog.cmosnet.eu

Aber letztens bin ich auf die Idee gekommen, dass ich den Spieß umdrehen könnte. Ich bin ein (selbsternannter) Kenner von Deutschland und der DDR und kann die beiden Länder den Polen näher bringen, aber ich bin auch ein (auch selbsternannter) Polen-Kenner und könnte dieses oder jenes den deutschsprachigen Lesern erklären. Polen ist ein Nachbarland Deutschlands, die beiden Länder sind sehr stark durch die gemeinsame Geschichte miteinander verbunden, manchmal habe ich aber einen Eindruck, dass Polen in Deutschland weniger bekannt ist, als zum Beispiel die Türkei.

Mir ist es bewusst, dass mein Deutsch nicht perfekt ist, ich bin lange genug im Internet um zu wissen, dass die Sprachfehler die einfachste Angriffsfläche für Kritiker und Haters bieten. Haters gonna hate, meine Haut ist dick genug um sich nicht darum zu kümmern. Mein polnischer Blog wird oft für die Sprache gelobt, auf Deutsch habe ich aber bis jetzt keine Publizistik geschrieben, nur technische Dokumentation, Mails und ähnliches. Es wird aber. Nicht immer, aber immer öfter.

Mein Blogdesign ist noch nicht perfekt - ich habe ein Basisdesign für alle meine Blogs entwickelt, das modifiziere ich nur etwas für die neuen Blogs. Das Farbschema für dieses sollte weiß-rot sein (also die polnischen Nationalfarben), leider wird blass-rot zu rosa und ich habe es mir etwas anders vorgestellt. Ich bin eben kein Künstler. Bis jetzt waren aber alle meine Blogs in Polnisch - es kann passieren, dass noch an dieser oder jener Stelle etwas auf Polnisch durchschlägt. Ich kriege es noch hin.

Dieser Beitrag sollte ursprünglich viel kürzer sein. Ich habe früher sehr viel gelesen, seit Paar Jahren schreibe ich lieber als lese (außer Research für die Blog-Beiträge). Ein klarer Symptom der Graphomanie 🙂 Auf jeden Fall: Wenn jemand hier den typischen, nationalistischen Blödsinn erwartet (Polen gut, Deutsche und Russen böse; Polen arm, aber ehrlich; Wałęsa Held, Johannes Paul der II. heilig, usw.) wird enttäuscht. Wenn jemand seine Stereotypen bestätigen will (polnische Männer klauen Autos; polnische Frauen putzen gut; Polnische Wirtschaft ist typisch polnisch) wird ebenfalls enttäuscht. Hier kommen: wahres Polen mit seinen hellen und dunklen Seiten, interessante Einblicke und tiefgehende Analysen ohne Tabus. Stay tuned.

Ihr könnt gerne ihre Kommentare hinterlassen, bitte nur auf Deutsch, eventuell auf Englisch. Auch wenn die Sprache gebrochen wird. Bitte keine Kommentare auf Polnisch - es ist ein Blog für Deutschsprachige. Ich werde dankbar, wenn jemand meine Sprachfehler zeigt, Bemerkungen zur Sprachfehler der Kommentierenden werde ich aber ohne Gnade löschen. Kommentieren dürfen nur die registrierten Benutzer - ihr könnt den allen Spammer dafür danken, die bei mir hunderte von Spamkommentaren hinterlassen. Ich garantiere, dass ihre Mailadressen nie in irgendeiner Weise weitergegeben werden, diese sind nur dafür da, dass ihr ein verlorenes Passwort zugeschickt bekommen könnt.

Bitte spart euch die Kommentare im Sinne "Klasse Beitrag, besuche meine Seite http://...". Ich habe nichts dagegen, wenn hinter einem meritorischen Kommentar ein Link zu einem Blog oder einer persönlichen Seite steht, ich mache es doch auch, aber bitte beachten: ein meritorischer Kommentar muss es doch sein! Und keine kommerzielle Werbung, solche Links und/oder Kommentare werden umgehend entfernt.

Und noch zur Form der Kommentare: Hier wird geduzt.

EDIT: Ich sehe, dass Benutzerregistrierung beim WordPress Multisite mit verschiedenen Sprachen ein Problem ist. Standardmäßig wird eine Seite in der Blogs-Hauptsprache angezeigt - Polnisch bei mir. Ich suche gerade nach einem geeigneten Plugin, das dazu auch funktioniert.

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Kategorie:Organisatorisch

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