Polen, so nah und doch so fremd. Zwischen Polen und Deutschland, manchmal auch in der DDR.

Gastbeitrag aus dem Eastsplaining Substack (31) – Jefrey Sachs, der Experte

Es ist meine Übersetzung der Beiträge aus Eastsplaining Substack, der Autor dieser Texte ist mit der Übersetzung und Veröffentlichung einverstanden. Quelle (englisch): https://eastsplaining.substack.com/p/jeffrey-sachs-the-expert

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Jeffrey Sachs, Der Experte

Warum - oh warum - wird Russland immer wieder vom Westen überfallen?

Jeffrey Sachs ist ein umstrittener Wirtschaftswissenschaftler, der sich darauf spezialisiert hat, Entwicklungsländern bei der Beseitigung der Armut zu helfen. Einige Autoren - wie Paul Theroux und Naomi Klein - argumentieren, dass es den Ländern, die mit Sachs' Hilfe gesegnet wurden, am Ende nur schlechter ging.

In dieser Notiz wird es NICHT darum gehen, aber ich verfolge alles, was ich über den Krieg in der Ukraine finden kann, und konnte nicht umhin, Sachs' Aktivitäten auf diesem Gebiet zu bemerken. Seit Putins Einmarsch ist er plötzlich ein selbsternannter Russland-Experte.

Er tritt in vielen Medien auf und wiederholt dieselbe Botschaft (die übrigens der Propaganda des Kremls sehr ähnlich ist). Ich verwende hier als Beispiel seinen Auftritt in der Piers Morgan Show - mit automatisch generierten Untertiteln, damit Sie sehen können, dass ich ihm nicht meine Worte in den Mund lege.

Ich kann mir einfach nicht helfen, aber ich denke, dass die beste Überschrift für diesen Screenshot "Dumm und Dümmer" ist (aus Youtube-Kanal von Piers Morgan Uncensored)

Er sagt, dass "Russland im Laufe seiner Geschichte glaubte immer, einen gewissen Schutz vor dem Westen zu brauchen, der wiederholt Russland überfallen hat". Daher habe Russland das Recht, seine Nachbarländer zu versklaven, um eine Pufferzone zu schaffen, die es vor der nächsten Invasion schütze.

Warum überfalle der Westen immer wieder Russland? Tatsächlich bleibt Sachs eine Antwort schuldig. Aus irgendeinem Grund "hasst der Westen Russland", und auch wenn der Youtube-Titel suggeriert, dass Sachs erklären kann, warum das so ist - tatsächlich tut er das nicht.

Seine Argumentation läuft auf eine Tautologie hinaus. Der Westen hasse Russland, weil er böse sei. Er sei böse, weil er Russland hasse.

Nur wegen dieses Hasses "überfalle der Westen immer wieder Russland". Russland tue nichts, um diese Invasionen zu provozieren, es kümmere sich nur um seine eigene Kolchose.

Warum? Weil er von einer satanisch-freimaurerischen Verschwörung regiert wird, die jeden dazu zwingen will, sein Geschlecht zu ändern und - nein! - seinen Müll zu recyceln (oh Mann!). Was habe ich gewonnen? Über die Youtube-Kanäle von Richter Napolitano.

Als Beispiel für eine solche unprovozierte Invasion führt Sachs den Krimkrieg und Lord Palmerston an. Leider tut Morgan zwar so, als würde er seinem Gast in einigen geringfügigen Punkten widersprechen - in Wirklichkeit stellt er ihm nur Fangfragen, um das Gespräch in Gang zu halten - aber er stellt diesen offensichtlichen Schwachsinn nie in Frage. Wahrscheinlich ist er noch ahnungsloser über die russische Geschichte als Jeffrey Sachs.

Wie um alles in der Welt kann man den Krimkrieg als eine unprovozierte Invasion auf Russland durch den bösen Westen darstellen? Was muss man im Kopf statt Hirn haben, um sich das vorzustellen?

War es so, dass Lord Palmerson an einem sonnigen Tag aufwachte und sich sagte: "Verdammt, es ist schon so lange her, dass wir das letzte Mal Russland angegriffen haben!" Also rief er seinen Freund Louis Napoleon Bonaparte an und der stimmte zu: "sacrebleu, ou la la, j'ai la proposition: allors invadons le Crimea!" "Gute Idee, alter Knabe, wir sehen uns in den Dardanellen!".

Der Krimkrieg war ein Krieg zwischen Russland und dem Osmanischen Reich. Letzteres befand sich zu dieser Zeit im Zerfall und wurde von den europäischen Mächten zu Recht als leichte Beute angesehen.

Eine Nicht-Unterrichtsstunde über Nicht-Geschichte, mit einem Schüler, der nicht lernt (aus Youtube-Kanal von Piers Morgan Uncensored)

Der Krieg begann mit einem russischen Angriff auf Osmanen im Gebiet des heutigen Rumäniens und Moldawiens. Der Grund war fadenscheinig - Russland gab an, die orthodoxen Christen schützen zu müssen, obwohl die Osmanen, um den Krieg zu vermeiden, bereits erklärt hatten, dass sie die religiösen Rechte aller christlichen Konfessionen respektieren.

Wie in vielen Kriegen verlief der erste Angriff erfolgreich (Bukarest in drei Tagen), aber England und Frankreich wollten nicht, dass Russland zu stark werde. Damals ging es in der europäischen Politik um das Gleichgewicht der Kräfte, und so verbündeten sich Paris und London widerstrebend (niemand wollte für die Türkei sterben!) mit den Osmanen. Ihr Eingreifen verwandelte den anfänglichen russischen Sieg in eine entscheidende russische Niederlage.

Aber der Punkt ist, dass die Russen diesen Krieg begonnen haben. Ohne ihre anfängliche Invasion gäbe es keine französische und britische Intervention, keine "Attacke der Leichten Brigade", keine Florence Nightingale (oder besser gesagt: eine andere Florence Nightingale), keine Schlacht von Balaklawa (was bedeutet, dass wir wahrscheinlich ein anderes Wort für, Sie wissen schon, eine Balaklawa erfinden müssten)(<cmos: in deutscher Sprache wird schon jetzt eher ein anderes Wort verwendet - Sturmhaube>) usw.

Alle zögerten, sich an diesem Krieg zu beteiligen. England und Frankreich waren nicht glücklich darüber, ihre Truppen in den anderen Teil des Kontinents zu schicken. Und die Türken hätten es sicherlich vorgezogen, gar nicht erst überfallen zu werden.

Vielleicht wäre eine Art Zensur des reinen Blödsinns doch keine so schlechte Idee? (aus Youtube-Kanal von Piers Morgan Uncensored)

Ja, es stimmt, dass Russland manchmal von einigen westlichen Ländern überfallen wurde. Aber das war nie unangebracht, nicht einmal im Zweiten Weltkrieg.

Im Jahr 1938 verfügte die Sowjetunion tatsächlich über eine Kette kleinerer europäischer Staaten, die sie vom nationalsozialistischen Deutschland trennte. Einige von ihnen hatten einen Nichtangriffspakt mit Sowjetrussland geschlossen (z. B. Polen), und die meisten von ihnen wären froh gewesen, in dem bevorstehenden Blutvergießen neutral zu bleiben. Aber Sowjetrussland überfiel sie 1939-1940 einen nach dem anderen und zerstörte sie entweder oder machte sie zu Feinden.

Und natürlich hätte Deutschland ohne die sowjetisch-deutsche militärische Zusammenarbeit, die bereits in der Weimarer Republik (1922) begann, keine Armee für den Einmarsch in Polen gehabt. Fast zwei Jahrzehnte lang umgingen die Deutschen die im Versailler Vertrag festgelegten Beschränkungen, indem sie heimlich Panzer und Flugzeuge in sowjetischen Fabriken herstellten und ihre Soldaten und Piloten in sowjetischen Einrichtungen ausbildeten.

Die meisten westlichen Invasionen auf russischem Boden fielen in die Kategorie "Dumme Spiele spielen, dumme Preise gewinnen". Häufig begann es damit, dass Russland bemerkte, dass ein Nachbar schwach zu sein schien, woraufhin der Zar oder der Generalsekretär beschloss, einzumarschieren, nur um später zu schreien: "Huhu, warum hacken alle auf mich herum?!"

Alternative Geschichten sind immer eine heikle Angelegenheit, aber es ist ziemlich sicher, dass die deutsche Armee ohne den geheimen militärischen Teil des Rapallo-Vertrags von 1922, als Hitler an die Macht kam, wesentlich schwächer wäre als in unserem Universum. Selbst wenn sie also die Tschechoslowakei oder Polen angreifen würden, würden sie in einem Sumpf aus Schützengräben des Ersten Weltkriegs stecken bleiben.

In diesem Szenario denkt niemand auch nur daran, "Russland anzugreifen". Sie haben es sich selbst eingebrockt, wie immer.

Wenn du wirklich etwas über Russland wüsstest, würdest du wissen, dass "während seiner gesamten Geschichte" (wenn du die gesamte Geschichte seit dem Mittelalter zählst) seine Hauptfeinde im Osten (Mongolei, China, Japan, sibirische Nationen), im Süden (Türkei, Persien, Tscherkassien, kaukasische Nationen) und im Norden (Schweden) lagen. Der Westen würde das Abzeichen "Russischer Besatzer Nr. 1" nicht bekommen, einfach weil...

...und das ist der dümmste Teil des Geschwätzes von Jeffrey Sachs: denn bis 1945 gab es "den Westen" als politische oder militärische Einheit nicht. Seit dem Zusammenbruch des Weströmischen Reiches wurden die meisten europäischen Kriege zwischen VERSCHIEDENEN westlichen Ländern geführt.

Während des größten Teils seiner Geschichte wusste der Westen nicht einmal, dass das Fürstentum Moskau (der Vorgänger des heutigen Russlands) überhaupt existierte. Sobald die Kontakte im späten 15. Jahrhundert geknüpft waren, begann Russland, als Verbündeter dieser oder jener Koalition an den westeuropäischen Kriegen teilzunehmen. Wenn Russland also "vom Westen überfallen" wurde, wurde ihm in der Regel auch von jemand anderem im Westen geholfen.

Jeffrey Sachs hätte das alles gewusst, wenn er jemals ein Buch über russische Geschichte gelesen hätte. Aber auf Russisch gibt es ein Sprichwort: "ja ne tschitatyel, ja pisatyel" - "Ich bin kein Leser, ich bin ein Schriftsteller". Damit werden Autoren bezeichnet, die zu dumm, zu stur und zu stolz sind, ihre Quellen zu überprüfen.

Das passt zu Sachs wie die Faust auf's Auge. Aber natürlich ist er nicht der Einzige, der diesen ganzen "bösen Westen, der Russland hasst"-Quatsch wiederholt. Es scheint, dass seine "Quelle" (ähnlich wie die von Elon Musk oder Roger Waters) die nette Dame aus der russischen Botschaft ist, oder der russische Geschäftsmann, dem eine Fußballmannschaft gehört, oder der coole russische Journalist, der einen trotz aller Sanktionen irgendwie zu einer üppigen Party einladen kann.

Warum sollte man die Fakten überprüfen, wenn das bedeutet, dass man nicht mehr zu Kaviarproben auf der Yacht "Le Oligarch" eingeladen wird?

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