Polen, so nah und doch so fremd. Zwischen Polen und Deutschland, manchmal auch in der DDR.

Noch ein Blog? Es gibt schon so viele…

Es gibt schon so viele Blogs, wozu noch ein?

Zuerst etwas über mich und meine Beziehungen zu Deutschland. Ich bin ein gebürtiger Pole, geboren in Stettin, schon eine Weile her, noch in den kommunistischen Zeiten. Damals war in Stettin überall die deutsche Vergangenheit sichtbar, man sagte, hier sprechen die Steine auf Deutsch. Auf den Mauern der alten Häuser könnte man die deutschsprachigen Aufschriften lesen, diese wurden ab und zu mit neuen Schichten der Wandfarbe überstrichen, was paradoxerweise die alten, gotischen Schriftzeichen nur konserviert hatte. Diese kamen immer wieder zum Vorschein und waren noch in den Achtzigern, mehr als 40 Jahre nach dem Krieg, deutlich zu sehen.

Stettin liegt gleich an der Grenze zu - damals - DDR. Ab 1971 könnte man ohne weiteres die DDR besuchen, alle kauften dort ab und zu ein. Unter Kommunismus fehlte es an vielen Waren, aber in jedem Land an etwas Anderem. Es war also kein Wunder, das ich Deutsch als zweite (nach Russisch) Fremdsprache lernte. Zuerst privat, nach dem Schulunterricht, dann in der Oberschule (damals in Polen die Klassen 9-12) intensiv. Wir hatten 6 Deutschstunden in der Woche, die Lehrerin war native Speaker, eine Musiklehrerin aus Schwerin, die einen polnischen Chirurgen geheiratet hat.

1980, als die Streiks ausbrachen, machte die DDR die Grenze zu Polen dicht. Die offizielle Begründung war, in Polen herrsche die Maul-und-Klauen-Seuche unter Rindern. Alle direkten Kontakte wurden unterbrochen, dafür installierten die Meisten in der Grenzgebieten große Fernsehantennen auf Balkonen und Dächern, in der Hoffnung Westfernsehen empfangen zu können. In Stettin war es wenig realistisch, ein sehr verrauschtes Bild könnte man nur ganz selten erreichen, man hatte aber mindestens zwei DDR-Fernsehprogramme zusätzlich zu den zwei polnischen. So konnte ich doch Kontakt mit der deutschen Sprache haben.

Dann kam die Abitur und die Zeit der Entscheidungen. Ich wollte Elektronik in Warschau studieren, es war aber gar nicht so einfach. Damals gab es nur wenige Studienplätze, nur für ein Paar Prozent der Jugendlichen. Dazu gab es bei der Bewerbung so genannten "Punkte für die soziale Abstammung" - Kinder der Arbeiter und Bauern hatten es viel einfacher und meine beiden Eltern waren Ingenieure. Ich hatte Angst kein Studienplatz an der begehrten Technischen Universität in Warschau zu bekommen und dann überhaupt leer auszugehen - und das würde bedeuten: Ab in die Armee.

Und einmal, in der Schule, hat ein Abiturient aus Vorjahr für das Studieren in der DDR und überhaupt im Ausland beworben. Er studierte in Ilmenau an damals Technischer Hochschule. Ich war begeistert! Nein, in die Ausland zu gehen war mir zu heftig, ich war ein Weichei, immer in die Ferien mit den Eltern, immer auf Nummer sicher gehen, immer nach den Regeln, nichts Verbotenes, kein Risiko... Weil aber die Prüfungen für das Studium im Ausland vor den Prüfungen für polnische Hochschulen stattfanden, wollte ich die als, so zu sagen, Übung benutzen. Für das Ausland hätte ich sowieso keine Chance, bei 5-7 Bewerbern pro Platz... Ich überzeugte für diese Idee noch drei Freunde aus meiner Klasse, und wir alle bewarben uns.

Und wir alle bestanden die Prüfung und wurden aufgenommen. So studierte ich in der DDR, gerade vor dem Fall, 1984-1989.

TH Ilmenau - Kirchhofbau, NRD, 1988

TH Ilmenau - Kirchhofbau, DDR, 1988

Um es kurz zu halten: Ich arbeitete dann 10 Jahre lang in Polen, immer so zwischen Polen und Deutschland, und dann, 1999, zog ich nach Deutschland. Hier, seit schon 14 Jahren, arbeite ich als Ingenieur.

Als Ingenieur... Ich bin ein geborener Ingenieur und bin der Meinung, dass ein waschechter Ingenieur sich nicht nur mit Schrauben, Beton oder Bytes auskennt. Nach mir, Ingenieur zu sein heißt Zusammenhänge zu verstehen. Egal ob es Technik, Natur, Medizin, Psychologie, Gesellschaft, Philosophie, oder was auch immer betrifft. Ein Ingenieur beobachtet die Welt um sich, versucht sie zu verstehen und eventuell in die richtige Richtung zu lenken. Nicht mit Gewalt, sondern mit seiner Kunst.

So habe ich 2009 angefangen, ein Blog in polnischer Sprache zu führen, und dort meine Erfahrungen mit der DDR und mit Deutschland zu beschreiben. Polen ist seit 1989 in ständigem Wandel, es wird immer nach neuen Lösungen gesucht. Manche Politiker und Publizisten versuchten (und versuchen es immer wieder) seine Ansätze als "von EU gefordert" darzustellen, oder die Wähler zu belügen, dass irgendein von ihren Hirngespinsten gültige Recht in z.B. Deutschland ist. Ich versuche zu erklären, "wie es in Deutschland gemacht wird" und beschreibe für jüngere Leser (oder für die nostalgischen Älteren), wie es in der DDR und in Polen unter Kommunismus vor sich ging. Weil darüber auch viele Mythen und Lügen im Umlauf sind.

Screenshot http://nrdblog.cmosnet.eu

Screenshot http://nrdblog.cmosnet.eu

Ich bin kein unbekannter in polnischem Internet gewesen, war besonders aktiv Ende neunziger und Anfang unseres Jahrhunderts im Usenet (immer unter Spitznamen cmos). So konnte ich bald einen Leserkreis gewinnen, der immer größer wird. Ich fing auf einem kostenlosen Blog-Server der größten polnischen Tageszeitung an, wo auch viele frühere Usenet-Bekannte seine Blogs geführt hatten. Seit Ende 2012 bin ich auf WordPress umgestiegen, den betreibe ich in Alleinregie in meiner eigener Domain (cmosnet.eu). Es hat zu einigen Einbüßen in den Besucherzahlen geführt (unter anderem, weil ich den Google-Rank nicht auf neue Seiten übertragen konnte), ich habe aber im Schnitt 200-300 Besuche am Tag. Meine Beiträge werden in vielen Diskussionen im Netz als Argumente verlinkt.

Ich betreibe den WordPress als Multisite, so konnte ich letztens einen neuen Blog eröffnen, über Hobbies, insbesondere über Modellbau. Es ist mir klar, dass der nicht so populär wird, es sind doch vor allem Egotrips.

Screenshot http://hobbyblog.cmosnet.eu

Screenshot http://hobbyblog.cmosnet.eu

Aber letztens bin ich auf die Idee gekommen, dass ich den Spieß umdrehen könnte. Ich bin ein (selbsternannter) Kenner von Deutschland und der DDR und kann die beiden Länder den Polen näher bringen, aber ich bin auch ein (auch selbsternannter) Polen-Kenner und könnte dieses oder jenes den deutschsprachigen Lesern erklären. Polen ist ein Nachbarland Deutschlands, die beiden Länder sind sehr stark durch die gemeinsame Geschichte miteinander verbunden, manchmal habe ich aber einen Eindruck, dass Polen in Deutschland weniger bekannt ist, als zum Beispiel die Türkei.

Mir ist es bewusst, dass mein Deutsch nicht perfekt ist, ich bin lange genug im Internet um zu wissen, dass die Sprachfehler die einfachste Angriffsfläche für Kritiker und Haters bieten. Haters gonna hate, meine Haut ist dick genug um sich nicht darum zu kümmern. Mein polnischer Blog wird oft für die Sprache gelobt, auf Deutsch habe ich aber bis jetzt keine Publizistik geschrieben, nur technische Dokumentation, Mails und ähnliches. Es wird aber. Nicht immer, aber immer öfter.

Mein Blogdesign ist noch nicht perfekt - ich habe ein Basisdesign für alle meine Blogs entwickelt, das modifiziere ich nur etwas für die neuen Blogs. Das Farbschema für dieses sollte weiß-rot sein (also die polnischen Nationalfarben), leider wird blass-rot zu rosa und ich habe es mir etwas anders vorgestellt. Ich bin eben kein Künstler. Bis jetzt waren aber alle meine Blogs in Polnisch - es kann passieren, dass noch an dieser oder jener Stelle etwas auf Polnisch durchschlägt. Ich kriege es noch hin.

Dieser Beitrag sollte ursprünglich viel kürzer sein. Ich habe früher sehr viel gelesen, seit Paar Jahren schreibe ich lieber als lese (außer Research für die Blog-Beiträge). Ein klarer Symptom der Graphomanie 🙂 Auf jeden Fall: Wenn jemand hier den typischen, nationalistischen Blödsinn erwartet (Polen gut, Deutsche und Russen böse; Polen arm, aber ehrlich; Wałęsa Held, Johannes Paul der II. heilig, usw.) wird enttäuscht. Wenn jemand seine Stereotypen bestätigen will (polnische Männer klauen Autos; polnische Frauen putzen gut; Polnische Wirtschaft ist typisch polnisch) wird ebenfalls enttäuscht. Hier kommen: wahres Polen mit seinen hellen und dunklen Seiten, interessante Einblicke und tiefgehende Analysen ohne Tabus. Stay tuned.

Ihr könnt gerne ihre Kommentare hinterlassen, bitte nur auf Deutsch, eventuell auf Englisch. Auch wenn die Sprache gebrochen wird. Bitte keine Kommentare auf Polnisch - es ist ein Blog für Deutschsprachige. Ich werde dankbar, wenn jemand meine Sprachfehler zeigt, Bemerkungen zur Sprachfehler der Kommentierenden werde ich aber ohne Gnade löschen. Kommentieren dürfen nur die registrierten Benutzer - ihr könnt den allen Spammer dafür danken, die bei mir hunderte von Spamkommentaren hinterlassen. Ich garantiere, dass ihre Mailadressen nie in irgendeiner Weise weitergegeben werden, diese sind nur dafür da, dass ihr ein verlorenes Passwort zugeschickt bekommen könnt.

Bitte spart euch die Kommentare im Sinne "Klasse Beitrag, besuche meine Seite http://...". Ich habe nichts dagegen, wenn hinter einem meritorischen Kommentar ein Link zu einem Blog oder einer persönlichen Seite steht, ich mache es doch auch, aber bitte beachten: ein meritorischer Kommentar muss es doch sein! Und keine kommerzielle Werbung, solche Links und/oder Kommentare werden umgehend entfernt.

Und noch zur Form der Kommentare: Hier wird geduzt.

EDIT: Ich sehe, dass Benutzerregistrierung beim WordPress Multisite mit verschiedenen Sprachen ein Problem ist. Standardmäßig wird eine Seite in der Blogs-Hauptsprache angezeigt - Polnisch bei mir. Ich suche gerade nach einem geeigneten Plugin, das dazu auch funktioniert.

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